Südengland: entdecken und erleben – Detlef und Regina KNUT

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Posted by Christina | Posted in Rezension | Posted on 28-06-2016

Diese Reiseschilderung durch den Süden Englands, welche in jedem Kapitel einen Tagesausflug zeigt, entlang einer imaginären Reiseroute, im Osten Englands beginnen, an der Südküste westwärts, dann an der Nordküste Südenglands Richtung Osten zurück. Bewusst umfahren, und deshalb nicht in diesem Buch anzutreffen, haben wir London, denn diese Stadt ist alleine schon mehrere Reisen wert. Das Buch bietet Anregungen, Anreiz und Tipps für eine Englandreise, es weckt Erinnerungen bei demjenigen, der seine eigene Reise dorthin beinahe schon wieder vergessen hätte.
Die Erlebnisse sind mit Anekdoten und vielen farbigen Fotos aufgelockert.

(Quelle: amazon.de)

Allein der erste Satz dieser Beschreibung hätte mir schon zu denken geben sollen.

„Diese Reiseschilderung durch den Süden Englands, welche in jedem Kapitel einen Tagesausflug zeigt, entlang einer imaginären Reiseroute, im Osten Englands beginnen, an der Südküste westwärts, dann an der Nordküste Südenglands Richtung Osten zurück.“

Das ist EIN Satz. Wow.

Ich habe dieses Buch empfohlen bekommen. In wenigen Tagen fliege ich nach London, um dort in einen Mietwagen zu steigen und dann die Insel (teilweise) zu erkunden. Da Schottland von London weit entfernt ist, habe ich Cornwall als grobes Ziel anvisiert. Das Buch war gratis.

Allerdings habe ich schon nach kurzer Zeit bemerkt, dass dieses Buch handwerklich leider größter Murks ist. Inhaltlich auch, dazu später mehr.

Besonders lächerlich erscheint da, dass der Autor zwei (!) Bücher mit dem Titel „Gute Geschichten schreiben: ein Schreibebuch“ sowie „Gute Geschichten schreiben: ein Schreibebuch – erweiterte Auflage“ veröffentlicht hat. Scheinbar hält Herr Knut Vorträge darüber, dass die beste Idee nichts taugt, wenn es handwerklich nicht klappt.

Recht hat er, leider beherrscht er das Handwerk selbst nicht. Zwischendurch habe ich mich ernsthaft gefragt, welcher Verlag ein solch furchtbares Buch veröffentlicht. Kurz Google gefragt: sein eigener. Herr Knut ist der Verleger des Verlags „edition oberkassel“. Was das für die sonstigen dort erschienenen Bücher bedeutet, wage ich kaum zu bedenken.

Herr Knut (und seine Frau auch) berichtet in diesem Buch von diversen Autorundreisen durch Südengland. Ursprünglich als Art Tagebuch wurde das Buch durch weitere Reisen ergänzt. So weit, so gut. Allerdings ist dadurch die Ordnung ein wenig durcheinander geraten. So fährt das Ehepaar Knut in mehreren Reisen in dieselben Orte. Anstatt dann diese Besuche zusammenzufassen und alles zu erläutern, was es in diesem Ort gibt, bzw. was die beiden dort gemacht haben, wird erst der eine Besuch beschrieben, dann „5 Tage“ später ein erneuter Besuch. Da war man aber zwischenzeitlich schon in ganz anderen Gegenden und plötzlich fahren wir wieder zurück.

Abgesehen davon bin ich leider auch nicht überzeugt. So hatte ich häufig das Gefühl, dass Herr Knut so gar keine Ahnung von den Briten hat und allem negativ gegenüber steht. Sicherlich herrscht auf der Insel eine andere Kultur und Mentalität. Das ist aber ja auch ein Grund, weshalb ich ein anderes Land besuche. Die Niederländer sind ja auch ganz anders als wir Deutsche. Wenn ich aber woanders hinfahre, sollte ich schon etwas offen sein.

Herr Knut bemängelt immer und immer wieder dieselben Punkte, die ihn in England stören. Das ist gar nicht mal der Linksverkehr, sondern zum einen, dass in kleinen Orten die Geschäfte um 17 Uhr schließen und zum anderen, dass man in Pubs am Tresen bestellt und nicht am Tisch bedient wird. Wie oft stand er vor verschlossenen Türen, weil die bösen, bösen Engländer einfach den Laden dichtmachen. Was eine Frechheit:

„Aber da es bereits siebzehn Uhr ist, haben alle Läden geschlossen oder schließen gerade, als wir durch die Straßen schlendern.

Damit nicht genug. Wir werden von den Pubs enttäuscht, die uns alle damit begrüßen, dass es kein Essen mehr gibt. Wir entschließen uns dann für ein Fast-Food-Restaurant, das noch geöffnet hat, doch hier werden gerade die Stühle hochgestellt. Die Putzfrau wischt mit dem Feudel durch den Laden um die letzten Gäste herum. Unfreundlicher geht es kaum.“ (Pos. 1755 / 68 %)

Das stimmt. Ich empfinde es als wirklich unfreundlich, einen Laden zu betreten und Essen zu verlangen, wenn man weiß, dass dieser JETZT schließen will. In den Aldi gehe ich auch nicht um 19:59 Uhr, wenn er um 20:00 Uhr schließt. Tut man nicht, Herr Knut!

Herr Knut steht in diesem Buch etwa viermal vor verschlossenen Türen. Immer nach 17 Uhr. Vielleicht sollte seine Frau für nächste Weihnachten eine Armbanduhr kaufen.

An Herrn Knuts Intelligenz musste ich kurz zweifeln, als er berichtete, dass er mit dem Auto in einer etwas größeren Stadt fuhr, auf allen Spuren herrschte dichtes Gedränge, die Autos standen Stoßstange an Stoßstange, nur auf seiner Spur war alles frei. Erst, nachdem ihn mehrere Busse angehupt hatten, bemerkte er, dass er auf der Busspur fuhr.

1.) Da gibt es Schilder
2.) Ich bin mir sicher, dass die anderen Autofahrer wohl auf eine weitere Spur ausgewichen wären, wenn dort Platz ist.

Begeistert (nicht) war ich auch, als er über die anderen Gäste in seiner Unterkunft berichtete, der ihn morgens durch die Dusche geweckt hat (frech, dass ein anderer Gast einfach duscht):

„Im Frühstücksraum treffe wir mit ihm zusammen. Es ist ein Herr in den Fünfzigern mit einem nicht unerheblichen Körperumfang. Besonders groß ist er nicht. Aber seine Stimme klingt entsprechend dem Bauchumfang angenehm tief.“ (Pos. 1213 / 46 %)

Meiner Meinung nach hat diese Aussage in einem Reisebericht gar nichts zu suchen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich in diesem Hotel diesen anderen Gast sehe, geht wohl gegen Null. Ich weiß nicht, wie Herr Knut aussieht, aber in einem Buch über den Körper eines anderen Menschen herzuziehen, finde ich schon grenzwertig.

Herr Knut hat einige Hotels und Museen so ausführlich beschrieben, dass der Leser genau weiß, wo welche Dekoration steht und insbesondere das Museum gar nicht mehr besuchen muss. Mich interessiert bei einem Hotel, ob es sauber ist, ob der Wirt und das Personal freundlich sind, ob der Preis stimmt. Aber ich muss doch nicht jedes einzelne Deko-Teil erklärt bekommen. Hier in der Nische steht dieses Teil und einmal um die Ecke herum in der anderen Nische steht jenes Teil. Das ist mir doch total egal, Leute.

Dafür hat er andere Attraktionen überhaupt nicht beschrieben. Gar nicht. Nicht mal ansatzweise. Da hätte ich mir insgesamt eher einen Mittelweg gewünscht. Neugierig machen, aber nicht alles verraten.

Ansonsten hätte ich mich sehr über eine Landkarte gefreut. Also immer, wenn man an einen neuen Ort kommt, einen kleinen Ausschnitt von Südengland und dann die Stelle markieren. So habe ich häufig im Internet geschaut, wo wir gerade sind und wo wir hinfahren und wie weit es entfernt ist und so. Das ist allerdings mein Geschmack und hat nicht zu dieser Punktzahl geführt.

 

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