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Quelle: amazon.de |
Was als romantischer Ausflug ins Grüne geplant war, wird zu einem absoluten Albtraum. Kathleen und ihr Freund Sam geraten mitten im Wald in eine Hetzjagd zwischen zwei Vampirarten: den Kaltblütern und den Warmblütern.
Als Kathleen wieder zu sich kommt, ist nichts mehr, wie es einmal war. Sam ist tot und sie selbst hat sich in einen Kaltblüter verwandelt. Sie soll fortan für die Warmblüter Sklavenarbeit erledigen. Doch in Kathleen sträubt sich alles gegen dieses neue Leben und sie beginnt, ihren Herren das Leben schwer zu machen…
Nubila: Ein Geschichte über Rassentrennung, Vorurteile und den Wunsch nach Freiheit.
(Quelle: amazon.de)
Hannah hat mich angeschrieben und gefragt, ob ich ihr Buch lesen möchte. Ich lese mir also die o.g. Beschreibung durch, denke „hm, ach, ich weiß nicht“, lese dann die darunter stehende Beschreibung der Autorin (yay, sie kommt aus Münster, da arbeite ich!) und nehme das Buch aus rein patriotischen Beweggründen an. Ich weiß, dass es echt doof klingt und mich nicht wirklich sympathisch wirken lässt, aber ich bin euch die Wahrheit schuldig.
Ich bin mir grad nicht sicher, ob ich den „Klappentext“ (ist ja ein eBook, daher die Anführungsstriche) falsch verstanden habe, aber irgendwie… Nun ja, dazu später mehr.
Vorteil vom Selbstverlegen ist, dass Autor den Klappentext selbst schreibt und er daher auch eigentlich richtig ist. Wer kennt nicht das ein oder andere Buch, was am Ende mit dem Klappentext so gar nichts zu tun hatte?! Im Großen und Ganzen passiert es also wirklich so, wie es bei amazon angekündigt wird.
Kathleen und Sam fahren in den Wald, werden dann von einem Monster mit Flügeln, schwarzer, ledriger Haut und spitzen Zähnen angegriffen, Sam wird vom Monster gebissen. Die beiden können dann fliehen, Sam wird aber durch den Blutverlust ohnmächtig und fährt gegen einen Baum. Sam stirbt, während Kathleen – die nicht angeschnallt war (Kinder, lernt was draus!!) – durch die Frontscheibe auf die Straße geschleudert wird. Dort wird sie von einem Vampirmädchen, Laney, angegriffen und gebissen.
Jetzt passiert etwas Interessantes. Hannahs Vampire vermehren sich nicht durch Beißen, wie es normal üblich ist. Sie werden gezeugt, in einer ganz normalen Schwangerschaft ausgetragen und am Ende geboren. Sie fangen als Baby an und wachsen, so wie jeder normale Mensch auch. Gut, sie trinken Blut, aber niemand ist perfekt. Nachdem Laney nun also die menschliche Kathleen gebissen hat, verwandelt sich diese. Aber nicht in ein Wesen wie Laney. Nein, Laney lebt. Sie hat Herz- und Pulsschlag, eine normale Körpertemperatur, sie muss regelmäßig schlafen, essen (naja, trinken), und sie wird älter. Kathleen verwandelt sich in ein totes Wesen. Ihr Herz- und Pulsschlag setzt aus, ihre Haare werden hellblond, ihre Haut wird hell, ihre Körpertemperatur sinkt. Sie muss nicht schlafen, sie muss nicht einmal Nahrung zu sich nehmen. Sie wird nie älter. Daher auch die Begriffe Warm- und Kaltblüter aus dem Klappentext, die in dem Sinne aber im ganzen Buch nicht vorkommen.
Jetzt zu meinem falsch verstandenen Klappentext. Ich dachte, dass es zwei Arten von Vampiren gibt, bei denen die Warmblüter die „guten“ sind und die Kaltblüter eben die „bösen“. Ich habe vermutet, dass man durch Zufall oder der falschen Bissstelle oder wie auch immer entweder zur einen oder zur anderen Art wird. Und als dann zu Beginn des Buches dieses Monster kommt, dachte ich „Aha, das sind die Bösen. Also wird die arme Kathleen auch zu sonem Monster“. Ich habe das ganze Buch über gewartet, wann es endlich passiert, aber es ist nicht passiert… Aber das ist vielleicht wirklich ein Missverständnis gewesen, nur war ich zwischendurch echt böse, weil ich dachte „Boar, schon bei 93% und es ist immer noch passiert, hallo???“.
Ich finde also insofern den Klappentext unglücklich, weil dort Begriffe verwendet werden, die in der Geschichte nicht verwendet werden und dort mit Herren (Warmblüter) und Diener (Kaltblüter) umschrieben werden.
Angenehm fand ich die verhältnismäßig kurzen Kapitel. Dazu muss man wissen, dass ich ein Kapitelleser bin. Wenn die Mittagspause zu Ende geht, dann lese ich „mal eben“ das Kapitel zu Ende. Oder abends im Bett „Ach, ich bin müde, aber das Kapitel mach ich noch fertig.“ Manchmal hat man dann Bücher, bei denen auf 784 Seiten nur 3 Kapitel sind und man liest und liest und liest und liest und … Das ist hier glücklicherweise nicht so. Die Kapitel bestehen schon aus mehr als nur drei Seiten, aber für mich und meinen Leserhythmus waren sie perfekt.
Das Cover gefällt mir auch gut. Es ist schlicht, es ist nicht überlastet, es ist auch nicht kitschig. Da ja schon die Folgebände erschienen sind, kann man auch sehen, dass es hier eine einheitliche Linie gibt, was mir persönlich als Sammler gut gefällt. Eine Serie, die auch so aussieht. Hurra!
Jetzt noch mal zum Inhalt. Wir haben hier einen allwissenden, aber personenbezogenen Erzähler. Hauptsächlich ist Kathleen die personale Erzählfigur, sie wechselt aber zwischenzeitlich auch mal zu Laney oder Jason oder Violette. Die Wechsel sind hierbei aber nicht störend. Kathleen ist Jurastudentin und wird nun zu einer der Dienerrasse. Sie lebt auf dem Herrenhof von Jason und seiner Familie und dient dort der Herrenrasse. Da sie aber nicht wie die anderen in einer Fabrik „aufgewachsen“ ist, kennt sie die Regeln nicht und hat Probleme, sich in ihre untergeordnete Rolle zu fügen. Zwischendurch scheint sie sich zumindest damit abgefunden haben, dass sie keine andere Wahl hat, als ergeben den Kopf zu senken und zu spuren, wenn ihr ein Befehl erteilt wird. Am Ende wird sie bestraft, weil sie das ihrer Meinung nach Richtige getan hat, um ihre Herrin und Freundin Laney zu retten.
Hannah sagt ja selbst, dass es um Rassentrennung und Vorurteile geht. Da hat sie sicherlich Recht. Ich dachte mehr als einmal an die Apartheid in Südafrika und auch an das US-amerikanische Äquivalent. Dort wurden (und werden heute leider immer noch zu häufig) die Schwarzen von den Weißen unterdrückt, versklavt, verkauft, wie Vieh behandelt und so weiter. Die Liste lässt sich ja nun beliebig fortführen. In diesem Fall werden die Diener, also die erschaffenen Vampire von der Herrenrasse, den geborenen Vampiren, unterdrückt, versklavt, verkauft und wie Vieh betrachtet. Mehr als einmal wird betont, dass Herren keine Beziehungen mit Dienern eingehen, denn Menschen gehen ja auch keine Beziehungen mit ihren Haustieren ein. Das wird als pervers angesehen. Diese Parallele ist sicherlich gewollt von der Autorin.
Ich habe mir beim Lesen zwei Notizen gemacht, was für meine Verhältnisse echt wenig ist. Das Buch ist sehr gut lektoriert, ich habe kaum Rechtschreib- bzw. Kommafehler gefunden, was ich bei Indie-Autoren ja sonst immer kritisch sehe. Ich weiß, dass ein Lektorat teuer ist und dass man sich das nicht immer einfach so leisten kann. Aber hier war es sehr angenehm, nicht bei jedem Weiterblättern panisch auf den nächsten Fehler zu warten.
Nun also zu meinen Notizen. Recht weit am Anfang war eine Stelle, in der ich die Wortwahl etwas merkwürdig fand. Dort steht:
Etwas hilflos drehte Jason sich weg, weil er s nicht richtig fand dabei zuzusehen, andererseits wiederum auch nicht wie ein Idiot aus dem Zimmer rennen wollte. (Pos. 718)
Andererseits wiederum auch nicht ist für meinen Geschmack etwas zu viel des Guten. Es hätte mMn schöner geklungen, wenn man hier das förmliche „wiederum“ mit einem simplen „aber“ ersetzt hätte: „… zuzusehen, andererseits aber auch nicht wie…“
Außerdem ist mir ein – zumindest nach deutschem Recht – rechtlicher Fehler aufgefallen.
Jason verzog den Mund und verzichtete höflich darauf zu bemerken, dass sie seit dem Tod von Kara streng genommen keine Schwager mehr waren. (Pos. 3356)
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält da nämlich eine Vorschrift, die folgendes sagt:
Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist. (§ 1590 Absatz 2 BGB)
Die Geschichte spielt aber in den USA und zu deren Rechtslage kann ich nichts sagen. Ich kann es nur nach dem deutschen Recht beurteilen.
Um mal gleich bei dem Thema zu bleiben. Ich finde es sehr schade, dass die Geschichte in den Staaten spielt. Inhaltlich könnte sie in jedem Land spielen, es werden keine örtlichen bzw. nationalen Politiker erwähnt, der Ort ist nicht – wie bei Twilight z.B. – aufgrund des schlechten Wetters wichtig für die Geschichte und es gibt auch sonst keine prägnanten geographischen Punkte. Es gibt so wenig gute deutsche Fantasy, da wäre diese Story ein Highlight. Mir stellt sich jetzt die Frage, ob man als deutscher Autor Angst hat, gegen die internationalen Größen nicht anzukommen. Vielleicht hat Hannah die Geschichte in den Staaten angesiedelt, weil sie dort mal gelebt hat, sei es Schüleraustausch, Auslandssemester oder Au Pair, dann wäre für mich alles in Ordnung, aber wenn es wirklich die Angst vor der amerikanischen Konkurrenz ist, dann ist es schade. Ich könnte es verstehen, aber finde es schade. Um hier den Diskutanten direkt den Wind aus den Segeln zu nehmen: Nein, es gibt keinen Punktabzug, weil es nicht in Deutschland spielt.
Alles in allem hat mich das Buch positiv überrascht. Hannah, ich bin sehr dankbar, dass du aus Münster kommst, denn sonst hätte ich das Buch abgelehnt und eine schöne Geschichte mit einem lehrreichen Hintergrund verpasst. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der Vampire, ein bisschen Liebesknistern und vor allem auch den ernsten Hintergrund zu schätzen weiß.
Wenn du übrigens mal eine Sammelbox mit der gesamten Geschichte planst, dann melde dich bei mir, ich mag Boxen…
4,5 von 5 Sternen